Rettung gescheitert
Mifa beantragt Insolvenz
Angefangen hat es im März mit Fehlbuchungen. Nun hat der
Fahrradhersteller Mifa Insolvenz beantragt.
29.09.2014,
von
Martin Hock
Der
Fahrradbauer Mifa hat beim zuständigen Amtsgericht Halle Antrag auf die
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Ziel
sei es, den Restrukturierungsprozess in Eigenregie fortsetzen zu können.
Das operative Geschäft bleibe davon unberührt und laufe wie geplant
weiter. Wenige Stunden zuvor hatte Mifa einen Verlust in Höhe der Hälfte
des Grundkapitals angekündigt, weil das Eigenkapital im
Halbjahresabschluss zum 30. Juni nach derzeitiger Einschätzung negativ
sein werde.
Grund des Antrags ist, dass die stets
kolportierte Eigenkapitalspritze des indischen Fahrradbauers Hero Cycles
nicht kam oder wie es heißt „abweichend von gegebenen Zusagen nicht
umgesetzt werden konnte“. Trotz intensiver Verhandlungen sei es
bislang nicht gelungen, zu einer abschließenden Lösung zu gelangen.
Rahmenbruch auf der Zielgeraden
Damit finden die undurchsichtigen Vorgänge um den Fahrradbauer aus Sangershausen einen vorläufigen, traurigen Höhepunkt:
Im
März hatte das Unternehmen zunächst die Korrektur einiger
Geschäftsberichte aufgrund der fehlerhafte Verbuchung von
Materialaufwand angekündigt. Gleichzeitig wurde mit Hans-Peter Barth
ein neuer Vorstand bestellt, weil der seinerzeitige Alleinvorstand und
Großaktionär Peter Wicht erkrankt sei. Schon damals hatte Mifa Hero
Cycles als künftigen Großaktionär und größten Fahrradhersteller der Welt
präsentiert.
Dieser
verlangte von den Gläubigern der im August 2013 begebenen Anleihe als
Voraussetzung für sein Engagement einen weitgehenden Forderungsverzicht.
Im Hintergrund stand kaum verhohlen die Insolvenzdrohung. Nachdem sich
die Gläubiger dazu grundsätzlich bereit gefunden hatten, Anleihen in
Aktien zu tauschen, hieß es die „Sanierung befindet sich auf der
Zielgeraden“.
Doch
dann überschlugen sich die Ereignisse: Vor knapp zwei Wochen
veröffentlichte Mifa Geschäftszahlen für 2013 und das erste Quartal
2014. Gerade Letztere sahen trotz Umsatzrückgängen mit einem operativen
Gewinn und einem geringen Nettoverlust gar nicht so dramatisch aus.
Hellhörig machte allerdings die Prognose des damals noch amtierenden
Hans-Peter Barth. Dieser kündigte für das zweite Quartal einen
operativen Verlust und für das Gesamtjahr einen sinkenden Umsatz an. Vor
allem aber räumte Barth ein, dass Mifa Altbestände unter Marktwert habe
verkaufen müssen. Schon nach der Meldung im März war vermutet worden,
dass die seinerzeit hohen angekündigten Verluste Resultat einer
Produktion auf Halde waren.
Am
Tag nach der Vorlage des Geschäftsberichtes wurde Barth ohne
Dankesworte Knall auf Fall entlassen. Gleichzeitig war das Unternehmen
bemüht, den Eindruck zu verwischen, die vorgelegten Abschlüsse hätten
unter Änderungsvorbehalt gestanden.
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Nun
also der Insolvenzantrag. Dieser kommt letztlich nicht völlig
überraschend. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens hatte zu
Jahresbeginn nur noch knapp 5 Prozent betragen. Nach dem Verlust im
ersten und den angekündigten Verlusten des zweiten Quartals musste sich
die Eigenkapitalquote gegen null bewegen.
Nicht vorauszusehen für externe Beobachter war das Scheitern der Verhandlungen mit Hero Cycles.
Am 25. August hatte Hero selbst noch eine Meldung veröffentlicht,
wonach man 60 Prozent an Mifa für 15 Millionen Euro erworben habe und
dem Unternehmen eine Kapitalspritze von 4 Millionen Euro verabreichen
werde. Mit der Akquisition hätte Hero auch Zugriff auf E-Bike-Technik
erhalten. Nach eigenen Zahlen ist Hero nur anhand des Absatzes von 6
Millionen Stück der größte Fahrradhersteller der Welt.
Inder mit Ausschlachtungsabsichten?
Nach Aussagen i
n einem Interview von Hero-Geschäftsführer Pankay Munjal
hat sich Mifa mit den Zukäufen des E-Bike-Herstellers Grace und der
Edelmarke Steppenwolf übernommen. Laut Munjal wollte Hero einen Teil der
Produktion nach Indien verlegen. Obendrein zeigte sich der
Geschäftsführer vor allem an Steppenwolf und der E-Bike-Technik von
Grace interessiert. Das kann man auch so interpretieren, dass die
Massenherstellung in Sangershausen hätte eingestellt werden sollen, da
Hero hier schon hohe Volumina produziert.
Darüber
hinaus hätten sich die Inder womöglich die E-Bike-Technik angeeignet
und Grace und Steppenwolf weiter betrieben. Doch unverkennbar galt der
Fokus von Munjal den eigenen Premium-Marken Urban Trails, Octane und
Disney. Denkbar also, dass dies der Hintergrund für den Insolvenzantrag
ist. Indes bleiben die Vorgänge weiter undurchsichtig.
Mifa-Wertpapiere
29.09.2014 17:36 Uhr
Der
Aktienkurs der Mifa ist an diesem Montag im Tagesverlauf um mehr als 40
Prozent auf 65 Cent gefallen. Der Kurs der Anleihe sinkt auf nur noch
rund 10 Prozent des Nominalwerts. Für die Anleihen-Inhaber ist die
Nachricht ein weiterer Nackenschlag, nachdem sie schon auf 60 Prozent
ihrer Forderungen verzichtet haben. Unter den gegeben Umständen dürften
weitere Verluste auf sie zukommen.
Die
Anleihe war im August 2013 von der Rating-Agentur Feri mit der
vergleichsweise guten Note „BBB-“ bewertet worden und war sehr gefragt.
Am 19. März wurde sie noch mit mehr als 105 Prozent der Nominale
bezahlt. Feri hatte im Frühjahr die Note um sechs Stufen auf „B-“
gesenkt.
Im
Mai wurde die Bonitätsnote auf die niedrigste Stufe „CC“ gesenkt. Im
Juli wurde Mifa das Rating ganz entzogen. Die Agentur begründete dies
mit einer unzureichenden Informationspolitik der Emittentin, auf deren
Basis eine Bonitätsbewertung derzeit nicht möglich sei.
Quelle: FAZ.NET